Tagung des Brandenburger "Bündnis für Gute Arbeit" in Potsdam
Als Vertreter des LFB nahm das Mitglied des Präsidiums, Rainer Großmann an der Sitzung des Bündnisses für Gute Arbeit teil. Hier sein Bericht:
Ministerpräsident Dr. Woidke eröffnete die Sitzung des Bündnisses für Gute Arbeit am 16. September und begrüßte die Anwesenden. In der folgenden Diskussion wurde deutlich auf die Wichtigkeit der Teilnahme der Gesundheitsberufe am Bündnis hingewiesen. Dies bekräftigten auch Andrea Asch von der LIGA der Freien Wohlfahrtsverbände und die Gesundheitsministerin,
Dr. Ursula Nonnemacher.
In einem Kurzvortrag berichtete Annett Wiesner, Schulleiterin und Prokuristin der Oberlin Beruflichen Schulen, über erste Erfahrungen mit der generalisierten Ausbildung in der Pflege und verwies auf das Problem, dass trotz des Marketings der einzelnen Anbieter die potentiellen Bewerber nur ungenügend über Berufsinhalte informiert seien. Zudem fehle es oftmals an entsprechendem Wohnraum in Nähe der Ausbildungsstellen. Oft seien die vorhandenen Praxisanleiter stark im Beruf eingebunden, sodass die Zeit für die Auszubildenen zu knapp sei. Ihr Fazit: „Wir sehen, dass wir intensiv an der Ausgestaltung weiterarbeiten müssen. Dabei wird von einer Pflegeassistenz-Ausbildung gesprochen, die an die gereralistische Ausbildung angedockt sein muss. So wollen wir einem Pflegenotstand entgegenwirken.“
Theresa Schoknecht vom JAV Landesbetrieb Forst berichtete aus Sicht der Auszubildenden und beleuchtete die Umstände der Ausbildung in Coronazeiten, wobei sie auf Widrigkeiten durch fehlende technische Mittel oder einen Internetanschluss für Onlineschulungen hinwies. Ebenfalls seien Fahrgemeinschaften durch die Coronabeschränkungen schwierig gewesen. Der Berufsabschluss sei durch alle Beteiligten unterstützt worden, wozu auch die zusehends besseren Bedingungen beigetragen hätten. Weiterhin machte sie auf die Folgen fehlender Berufsmessen aufmerksam: Bewerber (Abiturienten) entschieden sich für Berufe, die sie eigentlich nicht ausüben möchten, was die Gefahr des Abbruchs mit sich bringe. Weiterhin wies die Referentin auf einen drohenen Meistermangel hin, da viele der Meister demnächst in den Ruhestand gehen. Angesichts des Klimawandels sei grade die personelle Ausstattung im Bereich Forst sehr wichtig. Die Auszubildenden sollten dringend übernommen werden.
Auf Frage des Ministerpräsidenten nach Verbesserungsmöglichkeiten wurde auf die Facharbeiterausbildung mit später angeschlossener Meisterausbildung verwiesen, mit der man in Brandenburg auch ein Studium beginnen könne. Theresa Schoknecht sprach sich für mehr Praktika in der Schulzeit aus, um Azubis ein besseres Bild vom Beruf zu vermitteln. Auf Berufsmessen seien die Nischenberufe selten vertreten und häufig stelle der Verdienst das wichtigste Kriterium für die Berufswahl dar. Es solle aufgezeigt werden, was in Deutschland möglich ist.
Die Sitzungsrunde dankte für den Input und vereinbarte, weiterhin Einladungen auszusprechen um Menschen aus der Praxis zu Wort kommen zu lassen.
Minister Prof. Dr. Ing. Jörg Steinbach bat Prof. Dr. Jutta Allmendinger, Wissenschafszentrum Berlin für Sozialforschung WZB, zum Thema „Gute Arbeit in einer transformativen Welt“ um das Wort. Sie führte aus: „Als Arbeitgeber und Abeitgeberinnen müssen wir die Mitarbeiter wieder bitten, zusammenzukommen. Die im Homeoffice geschriebenen Papiere sind durchaus anders, es fehlt die Kommunikation untereinander, was einem Papier das gewisse Etwas nimmt. Homeoffice wird von Männern und Frauen unterschiedlich ausgeübt. Als Gesellschaft können wir uns es nicht leisten, die sozialen Kontakte auseinanderzureißen. Weiterhin ist das Bild - man macht eine Ausbildung und bleibt ein Leben lang in dem Beruf - nicht mehr zeitgemäß. Es muss Möglichkeiten einer Weiterentwicklung geben, so dass ein Arbeitnehmer auch nach 20 Jahren für sich eine Perspektive sehen kann.“ Das Zukunfszentrum Brandenburg solle intensiver an das Bündnis für gute Arbeit angebunden werden.
Denise Gramß, Projektleiterin vom f-bb Forschungsinstitut Betriebliche Bildung sprach über die Probleme, die Digitalisierung und digitaler Wandel mit sich bringen und verwies auf das Fehlen von Treffen und gemeinsamen Zusammenkünften. Wichtig sei die Beratung von Firmen und Betrieben. Beratungsthemen seien Fragen, wie beispielsweise: Wie richte ich meinen Arbeitsplatz ein, welcher Hintergrund soll Verwendung finden, wie leite ich eine Videokonferenz. Ebenso sollten neue Möglichkeiten wie Social Media genutzt werden, um die junge Gereration besser anzusprechen. Stichworte: Kann mein Betrieb von den jungen Kollegen profitieren? Schaffen wir es, generationsübergreifend Veränderungen voranzutreiben? Wie können Handwerk und Pflege Hand in Hand gehen? Geworben wurde für Veranstaltungen mit der Betrieblichen Begleitagentur zur Verbesserung der Fachkräftesituation und der Digitalagentur. Deren Angebote seien Interessenten näherzubringen, um sie dafür zu begeistern.
Ministerin Dr. Nonnemacher zeigte sich beeindruckt, dass sich das Zukunfszentrum neben dem Handwerk auch der Pflege und der Gesundheitsberufe annimmt.
Ralph Bührig, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Potsdam, berichtete über das Aktionsprogramm „Zukunft des Handwerks im Land Brandenburg 2021“, jedoch auch über Schwierigkeiten durch die ausgefallenen Ausbildungsmessen, welche durch rein digitale Formate nicht ersetzt werden konnten. Einen Schwerpunkt setze man jetzt auf die Gymnasien. Eine Abiquote im Handwerk von über 20 Prozent bestehe bereits jetzt und somit müsse die Berufsorientierung dort weiter vorangebracht werden. Weiterhin berichtete er vom Azubiticket für 365,- €, mit dem die jungen Leute in Berlin und Brandenburg gut von A nach B kommen könnten. Weiteres wichtiges Thema war die Unternehmensnachfolge in den Betrieben. Damit diese nicht auf der Strecke bleiben, seien Meistergründungsprämien besonders wichtig. Ein bedeutsames Thema für die Politik sei die tarifliche Bindung, wodurch Grundstrukturen verbessert werden könnten.
Im Bericht der Arbeitsgruppe für Fachkräfteeinwanderung erläuterte Minister Prof. Dr. Steinbach die wichtigsten Notwendigkeiten. So müsse eine vernünftige Unterkunft gewährleistet sein und die Fachkräfte willkommen geheißen werden. Der vorliegende Bericht wurde zur Diskussion gestellt.
Andrea Asch, LIGA der Freien Wohlfahrtsverbände verwies auf das enorme Potenzial dieser Menschen, welches unbedingt zu fördern sei, was insbesondere für Frauen und junge Mädchen gelte. Hier sollten jedoch nicht nur „Helferberufe“ in Betracht gezogen werden!
Ministerin Dr. Ursula Nonnemacher machte noch einmal deutlich, dass gerade im Gesundheitswesen die Fachkräfteeinwanderung zur Vermeidung des Fachkräftemangels ins Auge gefasst werden müsse. Die Im Land vorhandenen Fachkräfte mit Migrationshintergrund seien entsprechend zu fördern.
Minister Prof.-Dr. Steinbach formulierte abschließend den Vorschlag, die in Vorbereitung befindliche Fachkräftestrategie der Runde auf einer nächsten Sitzung vorzustellen.
Abschließend wurde allen Teilnehmern für die geleistete Arbeit gedankt.
Bild zur Meldung: Rainer Großmann, Mitglied des LFB-Präsidiums, vertritt den Landesverband der Freien Berufe bei der Sitzung des Bündnisses für Gute Arbeit (Foto: MWAE)